Geschichte der Vollversammlungen

Von Sigtuna bis Sibiu

Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa gibt es dank der Leuenberger Konkordie aus dem Jahr 1973. Die Konkordie begründet die Kirchengemeinschaft der unterschiedlichen evangelischen Kirchen. Seitdem kann ein lutherischer Pfarrer auf einer reformierten Kanzel predigen oder eine französische Pfarrerin eine Gemeinde in Deutschland leiten.

Um die theologische Weiterarbeit an dem Dokument und der „Leuenberger Kirchengemeinschaft“, wie sie damals hieß, insgesamt zu koordinieren, wurde ein theologisches Sekretariat eingesetzt. Mit Hilfe von internationalen Expertengruppen wurden Lehrgespräche eingerichtet, um die Lehrdifferenzen zwischen den Kirchen aufzuarbeiten. Diese waren trotz der Konkordie noch vorhanden.

So einigten sich die Kirchen zum Beispiel über das Verhältnis von Kirche und Staat, um eine Voraussetzung für eine gemeinsame ethische Urteilsbildung und handlungsorientierende Stellungnahmen zu entwickeln.

Sorgfältige theologische Grundlagenarbeit gehört bis heute zu den Kernmerkmalen der GEKE. Der Impuls, sich vermehrt auch ethisch-politischen und damit Europafragen zuzuwenden, kam mit dem Fall des Eisernen Vorhangs von außen.

Plötzlich ergaben sich für die Kirchen und Staaten Europas ganz neue Möglichkeiten des Zusammenlebens und Zusammenwirkens. Die Interessenvertretung der Kirchen bei den europäischen Institutionen in Straßburg und Brüssel rückte in den Blick, die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung der Kirchen, Versöhnung und Gerechtigkeit in Europa.

Ein Treffen mit europäischen Parlamentariern 1998 und die fünfte Vollversammlung der Leuenberger Kirchengemeinschaft stärkte den bis dahin lockeren Zusammenschluss strukturell. Ziel war es, die theologischen und ethischen Aspekte und die humanitären Konsequenzen politischer Entscheidungen aus evangelischer Sicht zu erörtern, in grundlegenden Fragen die protestantischen Stimmen zu bündeln und sie in der europäischen Öffentlichkeit zur Sprache und zu Gehör zu bringen.

Damit sollte die „Evangelische Stimme in Europa“ gestärkt werden. Folgend äußerte sich die Kirchengemeinschaft zum Beitrag des Protestantismus, zum Aufbau demokratischer Staatsformen und zu den Veränderungen in Gesellschaft und Kirche. Diese Arbeit mündete zum dreißigjährigen Jubiläum der Konkordie in der Umbenennung der Leuenberger Kirchengemeinschaft in „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“, kurz GEKE.

Die Geschäftsstelle der GEKE war seinerzeit in Berlin angesiedelt, eine Außenstelle in Brüssel koordinierte die politische Arbeit im Europathema. Lehrgespräche, Fachkreise, Tagungen und Konferenzen bilden bis heute den Schwerpunkt der Arbeit. Seit 2007 befindet sich die Geschäftsstelle der GEKE in Wien.

Vollversammlungen

Die Arbeitsinhalte der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa GEKE, bis 2003 Leuenberger Kirchengemeinschaft, werden durch die Vollversammlungen der Mitgliedskirchen bestimmt. Die Vollversammlung ist schließlich auch das Gremium, das inhaltliche, also theologische oder ethische, Dokumente als für die Gesamtheit der GEKE gültig annimmt. In der Natur der evangelischen Kirchen begründet liegt die Tatsache, dass diese Gültigkeit keine kirchenrechtlich bindende ist.

1976: Sigtuna

1987: Straßburg

  • Kirche Jesu Christi (LT1): Grundlagenarbeit zur Bedeutung der Kirche aus reformatorischer Perspektive neben dem römisch-katholischen oder jüdischen Verständnis.
  • Sakramente, Amt, Ordination (LT2): Die Leuenberger Konkordie führt zu gegenseitiger Anerkennung von Taufe, Abendmahl, Amt und Ordination.
  • Texte zur ethischen Urteilsfindung (LT3): Die ethische Urteilsfindung ist Grundlage für eine öffentliche Positionierung in jeglicher gesellschaftspolitischen Hinsicht. Die Klärung der ethischen Urteilsfindung ermöglicht diese also.
  • Christliches Zeugnis der Freiheit (LT5): Ergebnisse von Gesprächen zwischen Ost- und Westkirchen in den Zeiten ab 1989, welche die grundlegenden politischen Umbrüche der Zeit reflektieren.

1994: Wien

  • Leuenberg, Meissen und Porvoo (LT4): Dialoggespräche mit zwei anderen Kirchengemeinschaften, der Meissener Erklärung (Anglikanische Kirchen) und der Porvoo-Erklärung (nordische Kirchen)
  • Kirche und Israel (LT6): Grundlagentext zum Verhältnis der evangelischen Kirchen zum Judentum
  • Kirche, Volk, Staat, Nation (LT7): Überlegungen zu den evangelischen Kirchen in den pluralistischen Gesellschaften Europas, auch unter dem Eindruck der politischen Veränderungen in Osteuropa.
  • Gesetz und Evangelium (LT10): das Verhältnis von Gesetz und Evagelium vor dem Hintergrund aktueller ethischer Urteilsfindung.

2001: Belfast

  • Ekklesiologie (LT8): Konsultation mit der Konferenz Europäischer Kirchen, die unter anderem auch die orthodoxen Kirchen beinhaltet, zu Fragen des Kirchenverständnisses.
  • Baptisten (LT9): Konsultation mit der Europäischen Baptistischen Föderation zu Fragen des Kirchenverständnisses.
  • GEKE-KEK (LT11): Weitere Konsultationen mit der Konferenz Europäischer Kirchen

2006: Budapest

  • Taufe im Leben der Kirchen (LT12): Verschiedene Ansätze und Verständnisse der Taufe aus lutherischer, reformierter und unierter Perspektive sowie seitens der orthodoxen und baptistischen Tradition.
  • Amt, Ordination, theologische Ausbildung (LT13): Grundlagentexte zu Amt, Ordination und darauf aufbauen zu Konsequenzen für die theologische Aus- und Weiterbildung.
  • Schrift, Bekenntnis, Kirche (LT14): Grundlagenarbeit zum Verständnis der Bibel sowie zur Frage der Positionierung in ökumenischen Dialogen.
  • Sozialethische Beiträge (LT15): Stellungnahmen zu Menschenrechten, zu Friedensthemen sowie zu aktuellen Herausforderungen der europäischen Politik.

2012: Florenz

  • Kirchengemeinschaft (LT16): Präzisiert das theologische Konzept der Kirchengemeinschaft unter Berücksichtigung der neuesten ökumenischen Diskussion.
  • Bildung für die Zukunft: Empfehlungen zur theologischen Fortbildung in der GEKE.
  • Pluralität der Religionen: Empfehlungen zum Zusammenleben in religiös pluralen Gesellschaften
  • Theologie der Diaspora: Überlegungen zum Leben der Kirche in Minderheit in einer pluralistischen Gesellschaft

2018: Basel

  • Die christliche Rede von Gott: Überlegungen zur relevanten Vermittlung des Evangeliums.
  • Praxis und Theologie des Abendmahls: Was heißt es, in einer multikulturellen Welt zum Abendmahl einzuladen? Wer ist eingeladen?
  • Sexualität und Gender: Wie lässt sich die Kirchengemeinschaft im Spannungsfeld unterschiedlicher Auffassungen von Sexualität und Gender bewahren?
  • Demokratie als Herausforderung von Kirchen und Gesellschaften: neue Überlegungen zum Dekomkratieverständnis evangelischer Kirchen angesichts aktueller politischer Verwerfungen
  • Folgen der Kirchengemeinschaft: Rolle und Aufgaben der GEKE
  • Kirche im ländlichen Raum

2024: Sibiu